WKÖ-Branchensprecher Mähnert und Bundesinnungsmeisterin Zeibig sehen europäische Tätowierer und Pigmentierer in der Existenz gefährdet
Ab kommendem Jahr wird eine Änderung in der EU-Chemikalienverordnung REACH die Verwendung von mehr als 4.000 Chemikalien in Tätowierfarben und Permanent Make-beschränken. Es werden Höchstkonzentrationsgrenzwerte für einzelne Stoffe oder Stoffgruppen eingeführt, die in Tätowierfarben oder Permanent Make-up zum Einsatz kommen.
Die Farbpalette für Tätowierungen und Pigmentierungen wird durch diese Verordnung um zwei Drittel der möglichen Farben reduziert. „Das wird zu einer massiven Verschlechterung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit europäischer Tätowierer und Pigmentierer gegenüber Anbietern außerhalb der EU führen und die Existenz dieser Berufszweige stark gefährden,“ stellt Bundesinnungsmeisterin Dagmar Zeibig die Brisanz dieser Novelle dar. Die neuen Vorschriften gelten ab 4. Jänner 2022 in der EU/im EWR und für die Farben Pigment Blau 15:3 und Pigment Grün 7 – bei denen sich die Kommission und die EU-Mitgliedstaaten auf einen 24-monatigen Übergangszeitraum geeinigt haben – ab dem 4. Jänner 2023.
Längere Übergangsfristen nötig
Branchensprecher Erich Mähnert möchte seine Kolleginnen und Kollegen eindringlich darauf hinweisen, dass diese massiven zu erwartenden Veränderungen auch bei den kommenden Bestellungen von Tätowier- und Pigmentierfarben zu bedenken sind, da eine Vielzahl von Farbtönen ab dem 4. Jänner 2022 nicht mehr verwendet werden darf. „Die unterschiedlichen Anbieter sind bereits dabei, die betroffenen Farbtöne zu kennzeichnen und die Kunden über den Wegfall dieser Farben zu informieren. Wir setzen uns aber weiter dafür ein, dass die Übergangsfrist verlängert wird,“ zeigt sich der Branchensprecher engagiert.
Schon in den letzten Jahren wurde seitens der österreichischen Branchensprecher der Tätowierer sehr aktiv auf die zu erwartenden Auswirkungen durch diese Bestimmungen hingewiesen. Im Jänner 2021 hat Erich Mähnert, Branchensprecher der Tätowierer, gemeinsam mit DI Michael Dirks eine Petition (Nr. 1072/2020) zum Erhalt der beiden Pigmente Blau 15:3 & Grün 7 in der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) beim EU-Petitionsausschuss eingebracht. Mit mehr als 64.000 Unterstützungserklärungen ist diese Petition die erfolgreichste, die je eingereicht wurde. Noch besteht die Möglichkeit, diese zu unterstützen.
- Auf den Link des EU-Petitionsportals https://www.europarl.europa.eu/petitions/de/home klicken
- Im EU-Petitionsportal registrieren
- Nr. 1072/2020 in der Suchleiste eingeben (falls die Suche die Petition nicht anzeigt, nach Registrierung und Anmeldung im EU-Portal auf den folgenden Link klicken.
- Petition unterstützen
Mit dem EU-Abgeordneten DI Alexander Bernhuber hat die Branche der Tätowierer einen überzeugten Mitstreiter gegen das Verbot der beiden Pigmente gefunden. „Klar ist, dass die Gesundheit immer an oberster Stelle steht. Aber Verbote müssen verhältnismäßig sein und dürfen nicht eine Branche alternativlos zu Fall bringen,“ führt Bernhuber aus. Man geht allein von ca. 100.000 Unternehmen im Bereich der Tätowierer sowie rund 700 Lieferanten aus. Die Anzahl der betroffenen Kunden, denen die Wunschtätowierung verwehrt wird, ist zudem um ein Vielfaches größer.
Für praxistaugliche Lösung
Gemeinsam mit Alexander Bernhuber setzt sich der Berufszweig unterstützt von fachkundigen Chemikern – für eine praxistaugliche Lösung ein, die auf Wissenschaftlichkeit basiert und die Tattoo-Branche berücksichtigt. Die Branchenverbände innerhalb der EU arbeiten mit viel Engagement an einer Lösung für die betroffenen Branchen. Ziel ist, dass weitere wissenschaftliche Daten durch die Hersteller geprüft werden können, was zusätzliche Zeit braucht. Es ist zudem nicht klar, ob die in der Verordnung enthaltenen Grenzwerte überhaupt eingehalten bzw. überprüft werden können. Auch hier ist eine genauere Analyse erforderlich.
Nach einem erfolgreichen Hearing der beiden Initiatoren vor dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission ist nun die Kommission mit einer Stellungnahme zum Anliegen am Zug. Dass alle Fraktionen im Europäischen Parlament die Petition unterstützen, lässt die Branche europaweit auf eine Lösung für die weitere Verwendung der beiden Pigmente hoffen. Allerdings gibt es bis dato noch keine Reaktion auf die Petition.