Tischler und Holzgestalter. Der neue Innungsmeister Ludwig Weichinger-Hieden wünscht sich ein selbstbewussteres Auftreten seiner Branche. Sein großes Ziel ist ein neues Ausbildungszentrum für das Tischlerhandwerk. Die fehlenden Werkstättenflächen in der Stadt sieht er aktuell als das größte Branchenproblem.
Das Bild des Tischlers vom Handwerker mit dem Hobel in der Hand ist überholt, meint Ludwig Weichinger-Hieden, seit April neuer Innungsmeister der Wiener Tischler. „Unser Beruf hat sich verändert, moderne Maschinen haben Einzug gehalten.“ Der Einsatz von computergesteuerten Maschinen oder von Programmen für Visualisierungen am Computer sind schon fast Standard. Wer hier nicht mithalte, werde es künftig schwer haben, ist der Innungsmeister überzeugt.
Weichinger-Hieden sieht bei den Wiener Tischlern Nachholbedarf in Sachen öffentlicher Präsenz. Auch Handwerker müssten heute ihr Marketing forcieren. In Wien haben jedoch viele Tischler keine eigenen Großfahrzeuge, auf dem denen Logo und Firmennamen prangen, sondern sie arbeiten mit Transporteuren zusammen. „Diese Werbeflächen fehlen uns.“ Die Branche sollte ruhig mehr Stolz auf ihr Handwerk und ihre Leistungen zeigen, findet der Innungsmeister.
Als Interessenvertreter will Weichinger-Hieden das Gemeinschaftsgefühl in der Branche stärken und Vernetzung forcieren: Vor allem brancheninterne Kooperationen hält er für wichtig. Denn er sieht die Zukunft eher bei Spezialisten, die sich auf ihre Stärken konzentrieren. „Der Tischler in Wien wird künftig stärker zum Dienstleister werden und nicht mehr alles selbst machen.“ Um den Kunden aber ein Gesamtpaket bieten zu können, brauche er Kooperationspartner.
Die Innung will Weichinger-Hieden noch stärker als erste Anlaufstelle für die Mitglieder positionieren – sei es als Info-Drehscheibe bei Betriebsübergaben, als Servicepartner, der in fachlichen und rechtlichen Fragen unterstützt, oder als Lobby, die etwa in Normenausschüssen für die Brancheninteressen eintritt. „Egal worum es geht, wir in der Innung können das Netzwerk der Wirtschaftskammerorganisation nutzen“, betont er. Auch eine eigene Beratungsstelle hat die Innung eingerichtet. Dort berät ein Branchenexperte Mitglieder bei technischen Anliegen – auch vor Ort im Betrieb.
„Die Wiener Tischler dürfen ruhig mehr Stolz auf ihr Handwerk und ihre Arbeit zeigen.“
Ludwig Weichinger-Hieden, Innungsmeister der Wiener Tischler
Fehlende Werkstättenflächen als größtes Problem
Die wachsende Bürokratie ist für die Tischler ein großes Problem. Statistiken, Evaluierungen, Rechts- und Sicherheitsvorschriften, Ausschreibungen – besonders für Kleinbetriebe ist das kaum mehr zu bewältigen. Größte Sorge bereiten dem Branchenvertreter jedoch die fehlenden Betriebsflächen in der Stadt. „der Auf- und Ausbau von Werkstätten ist ein Riesenproblem“, sagt er. Zuwenig und zu tuere Flächen, verbunden mit riesiger Bürokratie – für junge Meister sei es unmöglich, einen Betrieb aufzubauen. Dass sie sich daher oft in bestehenden Tischlereien einmieten, sieht Weichinger-Hieden positiv. An seiner Kritik, dass Wien leistbare Betriebsflächen für Tischler fehlen, ändert das aber nichts.
Zu Weichinger-Hiedens wichtigsten Zielen zählt der Aufbau eines modernen Ausbildungszentrums für Tischler in Wien, wo Branchen-Fachkurse stattfinden können – für alle vom Lehrling bis zum Meister. Derzeit gebe es vor allem für bereits ausgelernte Tischler hier kaum Weiterbildungsmöglichkeiten. Die Innung alleine werde ein solches Ausbildungszentrum nicht realisieren können, müsse aber als Treiber fungieren, sagt der Innungsmeister. „Da ist viel Eigeninitiative gefragt“.
Quelle: Wiener Wirtschaft