Coaching im Sinne psychosozialer Intervention ist in Österreich gewerberechtlich den Lebens- und Sozialberatern vorbehalten
„In Österreich darf, aus gewerberechtlicher Sicht, die psychosoziale Intervention bei Menschen in ihren verschiedenen Lebensrollen hinsichtlich Lebenserfolg, Sinnfindung, Lebenszufriedenheit und Problembewältigung – also Beratung, Supervision und Mediation – in vollem Umfang nur von gewerberechtlich befugten Lebens- und Sozialberatern angeboten und praktiziert werden.“ Daran erinnert heute die Berufsgruppensprecherin der Lebens- und Sozialberater in der Wirtschaftskammer Wien, Beate Kolouch.
Anlass für den Hinweis Kolouchs sind aktuelle Medienberichte über die – fälschliche – Bezeichnung „Coach“ in Hinblick auf psychosoziale Intervention bzw. Vergleiche mit der Situation in Deutschland. Dort aber ist dieses Coaching rechtlich ganz anders geregelt als in Österreich. In Deutschland hat auch die Beratungslandschaft mit deutlich mehr Wildwuchs zu kämpfen als hierzulande. „Das lässt leider viel Missbrauch zu, insbesondere wenn diese Coaching-Angebote in Hinblick auf psychosoziale Intervention via Online-Werbung nach Österreich gelangen“, warnt Kolouch.
Österreich hat weit besseren Schutz der Konsumenten vor unseriösen Anbietern als Deutschland
„Es geht uns besonders um den Schutz vor unseriösen und unautorisierten Coaches, auch aus dem Ausland, z.B. aus Deutschland. Österreich hat Standards und Schutzmechanismen für die Konsumenten, die weit über denen von dort liegen“, sagt Fachgruppenobmann Harald G. Janisch. Er verweist darauf, dass die deutschen Anbieter gut daran täten, in Österreich Anleihen bei diesen Standards zum Schutze der Konsumenten zu nehmen.
Finanzielle Ausbeutung und Missbrauch durch Gurus, Heiler und selbsternannte Coaches
Bis heute sind in der Folge der Corona-Krise viele Menschen in psychischen Ausnahmesituationen, sei es in der Beziehung, im Job oder einfach wegen der langen Einsamkeit. Rasch haben das auch viele Gurus, Heiler und obskure Berater erkannt, und Coaching, Supervision und Mediation angeboten. Dabei geht es aber nicht um Hilfe, sondern um Ausbeutung und Missbrauch. Die Opfer dieser Seelenpfuscher erleben finanzielle Ausbeutung bis hin zu Missbrauch unter Vorspiegelung einer psychologischen Beratung.
Dem Missbrauch durch – oft selbsternannte – Coaches hat der heimische Gesetzgeber im Sinne des Konsumentenschutzes Maßnahmen entgegengesetzt. So dürfen in Österreich, aus gewerberechtlicher Sicht, psychosoziale Interventionen in vollem Umfang, also eben Coaching, Supervision und Mediation, nur von gewerberechtlich befugten Lebens- und Sozialberatern angeboten werden. Deren Heimstätte ist – gleichsam als Gütesiegel – die gesetzliche Interessenvertretung, die Wirtschaftskammer.
Lebens- und Sozialberater bieten Coaching nach vorgeschriebener Ausbildung und Prüfungen an
Auch die Ausbildung der Lebens- und Sozialberater erfüllt die höchsten wissenschaftlichen Kriterien und fußt auf einer rund 40-jährigen Entwicklung. 1985 wurde die „psychologische Beratung“ als Gewerbe begründet und dann im Jahre 1989 als reglementiertes Gewerbe der Lebens- und Sozialberatung mit einer verpflichtenden, engmaschigen Ausbildung- und Prüfungsabfolge versehen. Abgeschlossen wurde die Entwicklung der vorgeschriebenen Ausbildung zuletzt im September 2022, als eine neue Ausbildungsverordnung in Kraft getreten ist.
Beratung ist die Unterstützung zur Selbsthilfe von Klienten auf Augenhöhe
Wie Kolouch zur Arbeitsweise der Lebens- und Sozialberater ausführt, geben diese ihren Klienten die gewünschte Unterstützung auf Augenhöhe, um deren Lebensziele – im Privat- wie im Berufsleben – zu erreichen. Kolouch: „Wir entwickeln für unsere Klienten keine Anleitungen zum Glücklichsein oder Gesundwerden, wie das die dubiosen Coaches aus dem Internet tun. Lebens- und Sozialberater arbeiten fundiert wissenschaftlich und unterstützen ihre Klienten in ihrer Eigenverantwortung und im Wissen, dass gesunde Menschen Lösung für ihre Krisen in sich tragen. In der Lebens- und Sozialberatung, die extra für psychisch gesunde Menschen gegründet wurde, werden Menschen in schwierigen Lebenssituationen und Krisen begleitet und ihre Resilienz gestärkt. Derart werden sie befähigt, die Antworten auf ihre Probleme selbst zu finden und wieder handlungsfähig zu werden.“ Lebens- und Sozialberater bieten den Klienten dabei den Blick von außen. Sie sehen das Gute und die Fähigkeiten, die die Klienten aufgrund ihrer schwierigen Situation in diesem Moment nicht wahrnehmen.
„Wir unterstützen unsere Klienten durch Methoden und Tools, diese Fähigkeiten wieder zu finden und sie für die Lösung ihrer Probleme einzusetzen. Lebens- und Sozialberater sind die Spezialisten für die mentale Gesundheit.“
Beate Kolouch, Berufsgruppensprecherin der Lebens- und Sozialberater
In Österreich ist der Tätigkeitsbereich von Beratung und Coaching geregelt
Kolouch weist abschließend auch auf die Abgrenzung zum Coaching der Unternehmensberater in Österreich hin, das parallel zum Coaching der Lebens- und Sozialberater steht. Bei den Unternehmensberatern erfolgt Coaching im Auftrag des jeweiligen Unternehmens. Schwerpunkt dieses Coachings ist die berufliche Rolle eines Menschen, z.B. Förderung und Stimulierung von Mitarbeiter durch den Vorgesetzten mit dem Ziel der Produktivitätssteigerung und der Optimierung der menschlichen Fertigkeiten zur Steigerung der beruflichen Effizienz. Im Sinne der Lebens- und Sozialberatung ist Coaching ein Unterbereich der Beratung. Österreich ist das einzige Land, das den Tätigkeitsbereich von Beratung und den Subbereich Coaching geregelt hat. Nicht der Begriff Coaching ist relevant, sondern das Gebiet der psychosozialen Tätigkeit.
Quelle: WK-Wien