Wiener Industrie warnt vor überzogenen Gehaltsforderungen

25. September 2023

© Foto: Wirtschaftsbund

Wiener Industrie warnt vor überzogenen Gehaltsforderungen

25. September 2023

Aktuelle WIFO-Konjunkturdaten zeigen Wiener Industrie in Rezession – Rückgang in Produktion, deutliches Minus bei Aufträgen – Ehrlich-Adám: „Hohe Energiepreise, Rohstoffpreise und Lohnkosten bei gleichzeitiger Inflation und Rezession sind giftiger Cocktail für Standort“

Heute Montag starten die Kollektivvertragsverhandlungen der metalltechnischen Industrie. Einer der Chefverhandler auf Arbeitgeberseite ist Stefan Ehrlich-Adám, Spartenobmann der Industrie in der Wirtschaftskammer Wien und Geschäftsführer des Wiener Traditionsbetriebes EVVA. Er geht von sehr schwierigen Verhandlungen aus, hofft aber auf Pragmatismus und Konstruktivität: „In schwierigen Zeiten war immer Verlass auf die Sozialpartnerschaft. Auf das müssen wir uns in den Verhandlungen besinnen, um eine akzeptable Lösung für beide Seiten zu erreichen. Leider ist der Verhandlungsboden auf dem wir heuer stehen, aber sehr schlecht. Die Inflation ist enorm, gleichzeitig bricht die Konjunktur ein und eine Rezession steht ante portas. Am Standort kämpfen wir mit hohen Energiepreisen, Produktionskosten und Lohnnebenkosten. Gleichzeitig werden wie schon im Vorjahr hohe Lohnabschlüsse gefordert. In Summe ist das ein giftiger Cocktail für den Industriestandort.“ Speziell für die Wiener Industrie sind die Aussichten so trüb wie schon lange nicht mehr. Das bestätigt eine aktuelle Auswertung des WIFO Konjunkturtests.

„In schwierigen Zeiten war immer Verlass auf die Sozialpartnerschaft. Auf das müssen wir uns in den Verhandlungen besinnen, um eine akzeptable Lösung für beide Seiten zu erreichen. „

Stefan Ehrlich-Adám, Spartenobmann der Industrie

Konjunkturlage der Wiener Industrie

Die Konjunkturstimmung in der Wiener Industrie hat sich weiter eingetrübt. Die Wiener Industrie befindet sich definitiv in einer Rezession. Die Eintrübung in der Wiener Industrie zeigt sich durch:

  • einen weiteren Rückgang in der Produktion. 39% der Unternehmen melden einen Rückgang der Produktion (16 Prozentpunkte mehr als im April).
  • eine Verschlechterung der Auftragseingänge. Bereits 46% der Unternehmen melden eine Verschlechterung der Auftragseingänge. Nur mehr 7% berichten von einer Ausweitung ihrer Auftragseingänge in den letzten drei Monaten. Dies ist einer der niedrigsten Werte seit Beginn der Erhebung des WIFO-Konjunkturtests!
  • Auch bei den Auslandsauftragsbeständen zeigen sich rückläufige Dynamiken. Nur mehr 39% berichten von einer ausreichenden bzw. mehr als ausreichendenden Auftragslage aus dem Ausland. Damit sind die Indikatoren zu den Auftragsbeständen weit unter ihren Durchschnittswerten der letzten fünf Jahre.

Auch bei der Beurteilung der aktuellen Geschäftslage ist eine weitere Verschlechterung zu verzeichnen:

  • 55% der Unternehmen melden, dass ihre Geschäftslage schlechter als saisonüblich sei.
  • Nur noch 4% Unternehmen schätzen ihre Geschäftslage besser als saisonüblich ein.

Drohende Konsequenzen

Das Lohnniveau in der Industrie ist traditionell hoch. Ein Arbeiter verdient durchschnittlich pro Jahr 51.000 Euro, ein Angestellter 72.000 Euro. Berechnungen der Sparte Industrie in der WK Wien zeigen, was es für einen durchschnittlichen Wiener Industriebetrieb bedeuten würde, wenn die Löhne um 10 Prozent steigen. So müsste ein Wiener Industriebetrieb mit rund 100 Arbeitnehmern mit Mehrkosten von konservativ gerechnet rund 730.000 Euro bis zu 1 Mio. Euro (inkl. Zulagen, Gehaltserhöhungen, Prämien…) rechnen. Für die gesamte Wiener Industrie würden sich somit Mehrkosten von 310 Mio. bis zu 430 Mio. Euro ergeben. „Es geht jetzt schlicht und ergreifend um den Fortbestand des Industriestandorts. Dass hier auch in Zukunft noch produziert werden kann, dass Betriebe nicht schließen müssen und die Menschen ihre Jobs behalten können“, sagt Ehrlich-Adám abschließend.

Struktur und Besonderheiten der Wiener Industrie

Viele der Betriebe sind seit Generationen in Wien tätig und werden als Familienunternehmen geführt. Zur Wiener Industrie zählen rund 430 Arbeitgeberbetriebe mit knapp 45.000 Mitarbeitern. Im industrienahen Betriebsumfeld werden indirekt zusätzliche 140.000 Arbeitsplätze gesichert. Der Anteil des produzierenden Bereichs an der Bruttowertschöpfung beträgt 13,3 Mrd. Euro – das sind knapp 15 Prozent an der gesamten Wertschöpfung am Standort Wien. Die Wiener Industrie ist kleinstrukturiert, 25 Prozent der Betriebe sind in der metalltechnischen Industrie tätig, danach folgen Pharma-, Elektro- und Bauindustrie. Die Industrie ist exportorientiert – rund 80 Prozent der produzierten Waren gehen ins Ausland.

Quelle: WK-Wien

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