Die Einrichtungs- und Möbelbranche erlebte nach einem pandemiebedingten Boom zuletzt Einbußen. „Die Branche hatte in den letzten Jahren stark mit der hohen Inflation, steigenden Zinsen und einem veränderten Konsumverhalten zu kämpfen. Hinzu kommen explodierende Kosten für Energie, Personal und Mieten, was die Situation zusätzlich verschärft“, erklärt Johann Klein, Obmann des Landesgremiums Wien des Elektro- und Einrichtungsfachhandels.
Die sinkende Neubautätigkeit trifft besonders das Geschäft mit Einbauküchen. „Und wo keine neuen Häuser oder Wohnungen entstehen, werden auch keine neuen Küchen oder größere Möbelstücke gebraucht“, so Klein. Gleichzeitig sind Lieferzeiten gesunken, da die Nachfrage zurückging. „Es wird zwar gekauft, aber dabei lange überlegt, wie und in was investiert wird“, fügt er hinzu. Größere Anschaffungen werden oft ein Jahr im Voraus geplant, was die Einnahmen verzögert.
Auch die Insolvenz von Kika/Leiner beeinflusst den Markt. „Ein Teil der Umsätze wird wahrscheinlich zu großen Playern wandern, gleichzeitig könnten spezialisierte Fachhändler davon profitieren, sofern sie ihre Nische klar besetzen können“, erklärt Klein. Die Auswirkungen bleiben jedoch schwer einzuschätzen.
Trotz der Herausforderungen gibt es positive Signale: Verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten und Lohnerhöhungen könnten die Kaufkraft stärken. „Wir sehen erste Anzeichen einer Erholung und rechnen für heuer mit einem moderaten Wachstum. Sobald sich die Konsumenten sicherer fühlen, werden auch größere Investitionen und Käufe in der Einrichtung wieder an Bedeutung gewinnen.“ Zudem setzt der Wiener Möbelhandel auf persönliche Beratung, maßgeschneiderte Lösungen und hochwertige Produkte. „Kaum jemand kauft eine Küche für 10.000 oder 20.000 Euro ohne persönliche Beratung. Hier zeigt sich die Stärke des stationären Fachhandels“, so Klein.
Der Wiener Einrichtungshandel ist von kleinen und spezialisierten Fachhändlern geprägt. „Der Wiener Einrichtungshandel ist neben wenigen großen Betrieben vor allem durch viele Kleinst- und Kleinbetriebe geprägt, die auf individuelle Beratung, maßgeschneiderte Lösungen und persönliche Kundennähe setzen. Diese besondere Struktur macht den Wiener Möbelhandel vielseitig und anpassungsfähig“, betont Klein. Über 90 Prozent der Unternehmen betreiben nur einen Standort in Wien, viele davon sind Ein-Personen-Unternehmen oder kleine Betriebe mit wenigen Mitarbeitern.
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, setzen Händler auf Nischenmärkte wie ökologische Möbel oder barrierefreie Einrichtung. Erlebnisorientierte Showrooms und Kooperationen mit Architekten und Handwerksbetrieben stärken die Kundenbindung. Der Online-Handel gewinnt ebenfalls an Bedeutung: 35 Prozent der Konsumenten kaufen Möbel und Wohnaccessoires (auch) online. Dennoch bleibt der stationäre Handel bei komplexen Projekten unverzichtbar, betont Klein.
Im Bild: Geschäftsführer Sebastian Nowak (l.) und Obmann Johann Klein im Design Studio Nowak in Wien-Leopoldstadt