Maria Smodics-Neumann, Obfrau der Sparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Wien, spricht über den großen Wert einer Handwerksausbildung und warum ihr die Berufsweltmeisterschaften in Russland so wichtig sind.
Sie vertreten rund 48.000 Mitgliedsbetriebe, die mehr als 14.000 Mitarbeiter beschäftigen. Wie geht es dem Wiener Gewerbe und Handwerk?
Das Gewerbe und Handwerk blickt vorsichtig positiv in die Zukunft und arbeitet mit viel Herzblut für Erfolge. Wobei die Erwartungen in Hinblick auf die Auftragseingänge bzw. Umsätze vom sehr hohen Niveau im Vorjahresquartal ausgehend nun gedämpfter sind – was aber grundsätzlich für die gesamte Wirtschaft gilt. Mit steigenden Zahlen rechnen 19 Prozent der Unternehmer, keine Veränderungen erwarten sich 69 Prozent, wie eine aktuelle Erhebung der KMU Forschung Austria zeigt.
Das Thema Aus- und Weiterbildung ist zentral für die Sparte. Wie ist die derzeitige Lage?
Aktuelle Lehrlingszahlen zeigen, dass die Lehre insgesamt wieder beliebter wird. Und auch die Zahlen im Gewerbe und Handwerk steigen. Im Vergleich zum Vorjahr hat es im Juni um 5,5 Prozent mehr Lehrlinge gegeben. Natürlich ist hier immer noch Luft nach oben und wir arbeiten ständig daran, die jungen Menschen für die Vielfalt unserer Sparte zu begeistern. Bei rund 100 Lehrberufen sollte doch für fast jeden etwas dabei sein. Überhaupt ist es wichtig, der Jugend zu zeigen, was eine gute Handwerksausbildung wert ist. Ein Studium ist nicht für jeden die beste Entscheidung, gar keine Ausbildung zu machen ist noch schlechter.
Was sehen Sie als Ansporn für den Entschluss zur Lehre?
In erster Linie natürlich eine solide Ausbildung für die Zukunft, außerdem schon früh selbst verdientes Geld. In die Ausbildungsstätten wird viel Geld gesteckt, um auf höchstem Niveau unterrichten zu können. Zum Beispiel wurde im Mai die neue Meisterschmiede der Metalltechniker in der Marksteinergasse eröffnet. Aber auch die Möglichkeit, sich mit anderen Lehrlingen zu messen. Von 22. bis 27. August finden die World Skills, also die Berufsweltmeisterschaften, in Russland statt. Wien ist mit sechs Teilnehmern vertreten, mir ist es wichtig, sie persönlich anzufeuern. Junge talentierte und kreative Menschen müssen gefördert werden. Die Wirtschaftskammer Wien und ich als Spartenobfrau sehen das als eine unserer wichtigsten Aufgaben.
Warum ist Ihnen das wichtig?
Das Gewerbe und Handwerk braucht immer Nachwuchs. Es ist unglaublich, was die Lehrlinge bei diesen Wettkämpfen leisten. Ich bin jedes Mal von der Kreativität und dem handwerklichen Können begeistert! Und das Lernen hört ja damit nicht auf.
Stichwort Meisterprüfung?
Genau. Jedes Jahr entschließen sich Handwerker, sich weiterzubilden und mit der Meisterprüfung den wichtigen Schritt ins Unternehmertum zu wagen. Die Vorbereitung darauf ist eine unglaublich intensive Zeit. Doch damit ist es meiner Meinung nach nicht getan, die Wissensweitergabe ist auch nach dem Abschluss einer Ausbildung extrem wichtig. Dafür braucht es ein gutes Netzwerk innerhalb der Unternehmerfamilie. Im Zentrum steht die Weitergabe von Know-How, alte Techniken dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Aber nicht nur das: ein erfahrener Meister kann einem Neugründer einfach am besten unter die Arme greifen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass schon ein kleiner Tipp oder ein offenes Ohr reichen.
Quelle: Wiener Wirtschaft