Markus Grießler, Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitbetriebe der Wirtschaftskammer Wien, freut sich über steigende Nächtigungszahlen. Für die Zukunft braucht es seiner Meinung nach noch weitere, zielgruppen-orientierte Angebote, damit sich Besucherströme optimal aufteilen.
Wie geht es dem Wiener Tourismus?
Grießler: Die Entwicklung ist wirklich eine Erfolgsgeschichte, die ihresgleichen sucht. Die Nächtigungszahlen sind seit Jahren steigend. Im Mai 2019 schrieb Wien mit 1.546.000 Nächtigungen ein Plus von 5,3 Prozent und damit einen neuen Bestwert. Dieser wurde auch beim April-Nettoumsatz der Beherbergungsbetriebe überschritten: Ein Zuwachs von 33,9 Prozent bedeutet, dass die Umsätze fast drei Mal so stark wuchsen wie die Nächtigungen im April. Allerdings muss auch gesagt werden, dass der Wettbewerb bei den Hotels extrem hoch ist und es die Betriebe wirklich nicht leicht haben.
Es kommen also mehr und mehr Touristen nach Wien. Wird das nicht irgendwann zu viel?
Grießler: Nein, denn es kommt nur darauf an, wie man die Touristenströme lenkt bzw. entzerrt, wie wir das so schön nennen. Wir haben definitiv noch Kapazität für mehr Touristen, aber nicht alle auf einem Fleck. Die Herausforderung wird sein, auch außerhalb der „klassischen” Touristen-Hotspots – also der Inneren Stadt und Schönbrunn – weitere Touristenattraktionen zu schaffen. Ich denke da an die von uns schon lange geforderte, bessere Erschließung des schönen Kahlenbergs mit der Errichtung einer Seilbahn. Dann wird das böse Wort „Overtourism” für Wien auch nicht Wirklichkeit.
Der zahlungskräftige Kongresstourist ist für Wien ja äußerst wichtig. Wie entwickelt sich dieser Sektor?
Grießler: 2018 blickt die Wiener Tagungsindustrie auf ihre bislang beste Performance zurück: Eine neue Höchstzahl an Veranstaltungen wird durch Rekordwerte bei sämtlichen weiteren Kennzahlen ergänzt. Noch nie haben Kongresse, Firmenveranstaltungen und Incentives so viel Wertschöpfung, Teilnehmer und Nächtigungen in der Stadt generiert wie im Vorjahr. Wir können auf diesen wichtigen Sektor also sehr stolz sein, jedoch dürfen wir uns nicht auf den Lorbeeren ausruhen, da die Konkurrenz groß ist. Kongresse und Events sind stark mit weiteren Angeboten verknüpft, erwarten sich Kongressteilnehmer doch immer mehr von einem Kongressbesuch. Hier ist wieder die Eventbranche gefragt, attraktive Veranstaltungen für Kongressbesucher zu entwerfen.
Stichwort Eventtourismus: Wie wichtig ist dieser für eine Tourismusmetropole?
Grießler: Der Eventtourismus ist von enormer Bedeutung und muss bei uns in Wien definitiv noch ausgebaut werden. Die Eventbranche ist für Wien und den Wiener Tourismus ein zentraler Wirtschaftszweig. Die Branche leistet hier bereits Großartiges, denn Events heutzutage haben ein extrem hohes Niveau. Besonders wichtig ist aber, neue Top-Events nach Wien zu holen. Deshalb ist die Einrichtung eines Eventboards, also einer Expertenkommission, die sich um optimale Rahmenbedingungen für Veranstalter aus dem In- und Ausland kümmert, notwendig. Und last but not least benötigt die Branche zur Professionalisierung den von uns seit langem geforderten Lehrberuf „Eventkaufmann”, um die Professionalität sicherzustellen bzw. noch weiter auszubauen.
Quelle: Wiener Wirtschaft