Ein frühes und eigenverantwortliches Sanierungsverfahren könnte viele Unternehmen in Schwierigkeiten vor dem Aus bewahren. Erste Schritte der Regierung in diese Richtung sind zu begrüßen
Die Bundesregierung hat nun erste Punkte des neuen Insolvenzrechts umrissen und eine Reform angekündigt. Darin ist auch eine frühere Sanierung im Zuge eines neuen Reorganisationsverfahrens vorgesehen. „Schritte in diese Richtung sind sehr zu begrüßen. Wir erwarten mit Spannung das Begutachtungsverfahren und werden hier unsere Punkte nochmals einbringen. Wichtig ist, den Weg einer frühzeitigen Sanierung konsequent zu gehen“, sagt Walter Ruck, Präsident der Wirtschaftskammer Wien. Die WK Wien hat bereits Anfang September 2020 konkrete Vorschläge für eine Modernisierung des Insolvenzrechts präsentiert
„Jedes Aus eines Unternehmens vernichtet Vermögen und schafft Arbeitslose. Je früher man mit der Sanierung beginnt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs.”
Walter Ruck
Wenn ein Unternehmer bereits abschätzen kann, dass sich sein Unternehmen in Schieflage befindet, kann er das Steuer daher auch noch herumreißen. Eine Reorganisation durch eine Novellierung des Insolvenzrechts sollte dieses Vorhaben unterstützen. So könnten viele Betriebe vor dem Aus gerettet werden. Ruck: „In jedem Unternehmen, wie in jedem Beruf, geht es manchmal besser und manchmal schlechter. Das ist normal. Wir müssen Unternehmen in Schwierigkeiten entstigmatisieren und Möglichkeiten schaffen, rechtzeitig zu reagieren. Derzeit beginnen wir mit der Sanierung von in Schwierigkeiten geratenen Unternehmen oft viel zu spät – mit dem Ergebnis, dass sie dann meist fehlschlägt.“
Eckpunkte einer frühzeitigen Sanierung
Eine Reform des Insolvenzrechts soll nicht nur der Überwindung der derzeitigen Krise dienen, sondern auch künftig ein praxistaugliches Instrument der Unternehmensreorganisation darstellen.
Die Vorschläge der WK Wien:
- Damit Sanierungsbemühungen erfolgreicher sind und nicht zu spät greifen, soll – bevor ein Insolvenzgrund vorliegt – ein Reorganisationsverfahren eingeleitet werden.
- Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen noch nicht insolvent ist, jedoch bereits Reorganisationsbedarf besteht (Eigenmittelquote von weniger als 8 Prozent, Schuldentilgungsdauer von mehr als 15 Jahren).
- Eine Einleitung bei drohender, aber noch nicht gegebener Zahlungsunfähigkeit soll ebenfalls möglich sein.
- Wie beim derzeitigen Reorganisationsverfahren soll das Verfahren nicht öffentlich bekannt gemacht werden.
- Im Gegensatz zum derzeitigen Verfahren soll ein automatischer Aufschub von Eintreibungsaktivitäten erfolgen.
- Die Entscheidung des zuständigen Gerichts soll eine Gläubigerzustimmung ersetzen, wenn die Gläubiger durch den Reorganisationsplan zumindest das erhalten, was sie bei einer Liquidation oder einem Alternativszenario (z.B. Sanierungsplan) erhalten hätten.
- Für Unternehmen, bei denen Zahlungsunfähigkeit droht, soll im Rahmen des Reorganisationsplans die Vereinbarung einer Quotenzahlung möglich sein.
- Die Möglichkeit für den Unternehmer, dem Gläubiger Beteiligungen am Unternehmen anzubieten, sollte festgeschrieben werden. Die Entscheidung soll beim bisherigen Anteilseigner liegen und nicht aufgrund einer zwingenden gesetzlichen Vorgabe getroffen werden.
- Es soll eine Insolvenzsperre festgesetzt werden: Insolvenzanträge durch Gläubiger sind dann für die Dauer des Reorganisationsverfahrens ausgeschlossen.
- Bei Abschluss des Sanierungsverfahrens sollten die Sanierungsgewinne steuerfrei gestellt werden.