Start-ups können wichtige Impulsgeber für die Wirtschaft sein und ganze Branchen revolutionieren. Wie viele dieser innovativen Unternehmen es in Österreich gibt, was sie tun und in welchem Umfeld sie agieren, wurde nun erstmals vom Projekt Austrian Startup Monitor erhoben. Interessant für die Bundeshauptstadt: Die Hälfte aller heimischen Start-ups haben ihren Sitz in Wien.
Keine Frage: Start-ups sind auch in Österreich in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Dazu tragen spektakuläre Erfolge wie jener der Lauf-App Runtastic, des Diabetes-Portals MySugr oder der Flohmarkt-App Shpock ebenso bei wie die Tatsache, dass es auch hierzulande immer mehr Start-up-Gründungen gibt. Runtastic, Shpock und MySugr gelangen mit ihren innovativen Ideen und Produkten Aufsehen weckende Exits – sie wurden um Millionenbeträge von internationalen Konzernen – Adidas, Schibsted und Roche – übernommen.
Wie viele Betriebe der Kategorie Startup in Österreich insgesamt tätig sind, wer, wann, wo, wie und warum in Österreich ein Start-up gründet, mit welchen Problemen und Herausforderungen sie zu tun haben, welche Strategien sie verfolgen und was sie sich von der Politik wünschen, war bisher aber noch nicht systematisch untersucht worden. Diese Lücke hat nun der erste, auch von der Wirtschaftskammer (WK) Wien unterstützte Austrian Startup Monitor (ASM) geschlossen, der vom AIT Austrian Institute of Technology, dem Branchenverband Austrianstartups und der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien erstellt wurde. Insgesamt wurden für den Bericht für den Zeitraum 2004 bis 2017 mehr als 1500 heimische Start-up-Gründungen identifiziert. An einer im Frühjahr 2018 durchgeführten Umfrage nahmen 532 Start-up-Gründer und Geschäftsführer von 368 Start-ups teil.
Start-ups: Jung, innovativ und stark wachsend
Start-ups sind per Definition Unternehmen, die jünger als zehn Jahre sind, innovative Produkte, Technologien und Dienstleistungen oder Geschäftsmodelle haben und ein signifikantes Mitarbeiter- oder Umsatzwachstum aufweisen oder anstreben.
„Nur etwa ein Prozent aller Unternehmensgründungen sind Start-ups. Sie sind eine kleine, aber wichtige Gruppe von Unternehmen, denn sie sind Vorreiter und haben Vorbildcharakter”, sagt Karl-Heinz Leitner vom AIT Center for Innovation Systems & Policy und Mitautor des ASM. „Start-ups können ganze Branchen revolutionieren und schaffen Beschäftigung und Wachstum”, so Leitner. Ziel müsse sein, noch mehr High Flyer wie die drei genannten zu generieren. „Je größer die Basis ist, desto wahrscheinlicher wird das.”
Wie der ASM zeigt, ist die Zahl der Startup-Gründungen in Österreich in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen: Von 25 im Jahr 2004 bis auf 227 im Jahr 2016. Erfreulich dabei: Wien ist der absolute Start-up-Hotspot Österreichs. Von den insgesamt 1534 im ASM identifizierten Start-ups sind mit 773 etwas mehr als die Hälfte in Wien angesiedelt. Die Steiermark und Oberösterreich liegen mit 187 bzw. 183 Start-ups auf den Plätzen.
Laut ASM können 42 Prozent der befragten Start-ups als „Born Globals” bezeichnet werden, d.h dass sie vom Start weg auf die Erschließung globaler Märkte fokussiert sind. Rund drei Viertel der befragten Start-ups haben bereits internationale Märkte erschlossen und generieren Exportumsätze, 90 Prozent der Start-ups kooperieren mit nationalen und internationalen Partnern.
Auch als Arbeitgeber sind Start-ups interessant:
Sie beschäftigen im Schnitt 8,2 Mitarbeiter, davon sechs Vollzeitbeschäftigte und 2,2 Teilzeitkräfte. 87 Prozent der Startups planen in den nächsten zwölf Monaten Neueinstellungen, im Schnitt sollen vier neue Mitarbeiter je Start-up eingestellt werden. Die Hälfte der Start-ups hat laut ASM allerdings Schwierigkeiten, passende Mitarbeiter zu finden. Besonders gesucht sind Mitarbeiter für den Verkauf und in der IT, hier gibt es auch die größten Engpässe.
Die drei bedeutendsten Finanzierungsquellen für Start-ups sind eigenes Erspartes (81 Prozent), öffentliche Förderungen und Unterstützungen (55 Prozent) und Business Angels (33 Prozent).
Die Gründung eines Start-ups ist in Österreich eher Teamarbeit: 81 Prozent wurden in Teams aufgebaut, die Teamgröße liegt im Schnitt bei 2,5 Personen. Fast ein Viertel der Start-ups wurden von gemischtgeschlechtlichen Teams gegründet, sechs Prozent ausschließlich von Frauen und 71 Prozent ausschließlich von Männern. Das Durchschnittsalter der Gründer beträgt 36,6 Jahre, die klare Mehrheit ist unter 40 Jahre alt, 32,6 Prozent sind älter als 40 Jahre. Rund die Hälfte hat das Start-up vor dem 30. Geburtstag aufgebaut. „Start-ups sind auch in Österreich und speziell in Wien eine wichtige Kraft für technologischen Wandel und damit zu einem wesentlichen Wirtschaftsfaktor geworden”, sagt WK Wien-Präsident Walter Ruck. Die WK Wien unterstütze Start-ups daher seit mehreren Jahren mit Angeboten in der Gründungs- und Expansionsphase und stelle Brücken zu bereits bestehenden Unternehmen her. „So schaffen wir eine neue Dynamik am Wirtschaftsstandort Wien, von der alle etwas haben”, erklärt Ruck.
Forderungen: Lohnnebenkosten senken, Bürokratie abbauen
Österreichische Start-up-Gründer sind hoch gebildet, viele haben bereits Erfahrung als Unternehmer: Drei Viertel haben einen Hochschulabschluss, 42 Prozent hatten vor dem aktuellen Start-up bereits mindestens einmal gegründet. 86 Prozent der heimischen Start-ups wurden von Österreichern gegründet, zehn Prozent von Gründern aus anderen Staaten der Europäischen Union (EU), vier Prozent von Gründern aus Drittstaaten. Bei jedem neunten Start-up ist ein Gründungsmitglied nach Österreich gezogen, um hier zu gründen. Dass die WK Wien mit ihren Angeboten für Startups und ihren politischen Forderungen richtig liegt, zeigen auch die Angaben der Befragten zu ihren Fehlern beim Aufbau des Betriebs und zu ihren Wünschen an die Politik. Zu wenig Feedback vom Markt und falsche Co-Founder wurden als häufigste Fehler genannt. Die Senkung der Lohnnebenkosten und der Abbau bürokratischer Hürden sind die wichtigsten Wünsche an die Politik.
Ihren Jahresumsatz haben die befragten Start-ups im Durchschnitt von 2016 auf 2017 fast verdoppelt, Auch für 2018/19 streben sie eine Umsatzverdoppelung an. Fast drei Viertel wollen ein längerfristiges Unternehmen aufbauen.
Der ASM soll ab heuer jährlich erscheinen, sagt Leitner. „Wir wollen einmal jährlich eine Befragung durchführen und eine Datenbasis schaffen, die Analysen zu Wachstum, Entwicklung und Exits zulässt.” Die ASM-Ergebnisse fließen auch in einen European Startup Monitor ein, an dem 18 Staaten mitarbeiten.
Quelle: Wiener Wirtschaft